Statement

Klinikum Salzgitter: Die vertane Chance!

In der Sitzung am 18.12.2013 hat der Rat der Stadt Salzgitter entschieden das Vorkaufsrecht am Klinikum Salzgitter gegenüber der „HELIOS Klinik GmbH“ NICHT auszuüben! Der Änderungsantrag 2748/16 von B90/Die Grünen und der Linken, mit dem die Stadt den  entscheidenden Schritt in Richtung Rekommunalisierung gemacht hätte ist mit 37:10 Stimmen abgelehnt worden.

Es ist ebenso unverantwortlich, wie unverständlich dass eine so einmalige Chance ausgelassen wird!

Die Fraktionen der SPD, CDU/FDP und MBS führen die kartell- und kommunalrechtliche Unsicherheit, die wirtschaftlichen Risiken und zu guter Letzt das Fehlen von potentiellen Partnern ins Feld, um ihre Entscheidung gegen den Kauf zu rechtfertigen.

Damit möchten wir uns hier im Einzelnen auseinandersetzen.

Kartellrecht: Endgültige kartellrechtliche Aussagen können nur gemacht werden wenn der Einzelfall durch die Kartellbehörde überprüft worden ist. Da kein Fall offiziell der Kartellbehörde gemeldet worden ist, handelt es sich bei allen Aussagen um Tendenzaussagen, die auch im Verlauf eines weiteren Verfahrens verändert werden können. Die Tendenzaussagen der Kartellbehörde war für den Fall Klinikum Braunschweig und Asklepios eher negativ, für den Wohlfahrtsverband und das Elisabethkrankenhaus eher positiv.

Kommunalrecht: Da die Stadt Salzgitter überschuldet ist, muß für jede neue Kreditaufnahme eine Genehmigung des Landes eingeholt werden. Einer generelle Übernahme des Klinkums Salzgitter durch die Stadt und damit eine dauerhafte Erhöhung des Kreditvolumerns um 80 Millionen Euro hätte das Land in keinem Fall zugestimmt. Für eine teilweise Übernahme (zusätzlich 20%) gab es uneinheitliche Aussagen, Andere Beteiligungsmodelle (etwa durch Gründung eine gGmbH und Übernahme der Schulden durch diese Gesellschaft) sind nicht angefragt worden.

Wirtschaftlichkeit: Die zu erwartende wirtschaftliche Entwicklung des Klinikums Salzgitter hat sogar die Wirtschaftsberater überrascht, die für die Stadt die wirtschaftlichen Daten des Klinikums eingeholt und überprüft haben. Nach Aussagen dieser Berater steht es ausser Frage, dass das Klinikum in absehbarem Zeitraum seinen Kaufpreis selbst erwirtschaften kann. Die zu dieser Aussage zugehörigen Zahlen sind aber nur der Stadt Salzgitter bekannt – eventuellen Partnern durften diese Zahlen aus wettbewerbstechnischen Gründen nicht zur Verfügung gestellt werden.

Partner: Im Falle des Klinikums Braunschweig hat der Rat der Stadt Braunschweig entschieden nicht in das Klinikum Salzgitter einzusteigen. Asklepios hat eine Absage geschickt, dass sie nicht zu den von der Stadt Salzgitter gestellten Konditionen (25,1% und Mitbestimmung bei Outsourcing und Abteilungsschließungen) bereit sind in den Vertrag zum 18.12 einzusteigen, ohne nähere Kenntnis der wirtschaftlichen Zahlen des Klinikums. Der Wohlfahrtsverband wollte auch ohne nähere Kenntnis der Wirtschaftszahlen kein Angebot abgeben, wäre aber bereit gewesen über eine Kooperation zu entscheiden, wenn ihm diese Zahle vorlägen. Das Elisabethkrankenhaus hat ein Angebot mit geringer (> 10%) Eigenbeteiligungskapital vorgelegt.

Fazit: Aus keinem dieser Punkte läßt sich ableiten, dass eine Übernahme des Klinikums durch die Stadt Salzgitter unmöglich sei. Sicher gibt es Unsicherheiten an verschiedenen Stellen, aber ausgerechnet der Punkt „Wirtschaftlichkeit“ an dem normalerweise solche Unternehmungen scheitern, schneidet in der Beurteilung so positiv ab, dass wir davon überzeugt sind, nach der vorübergehenden 100%-igen Übernahme durch die Stadt hätte sich ein Partner gefunden, mit dem das Klinikum hätte betrieben werden können.

Vorschlag Grüne/Linke: Darum haben wir in unserem Änderungsantrag diesen Weg vorgeschlagen. Die zu gründende gGmbH (gemeinnützige GmbH) hätte die Kredite für den Kaufpreis selbst aufgenommen, von der Stadt Salzgitter und dem Partner würden ggf. Bürgschaften übernommen. Damit wäre der Haushalt der Stadt nicht direkt belastet worden, Direkte Zuschüsse über den Haushalt der Stadt, sowie Einlagen des Partners wäre möglich gewesen und hätten die Wahrscheinlichkeit der vollständigen Refinanzierung aus dem Klinikum selbst heraus noch erhöht. Als mögliche Partner hätten sowohl der Wohlfahrtsverband, als auch das Elisabethkrankenhaus weiterhin zur Verfügung gestanden. Da dann auch die wirtschaftliche Lage des Klinikums hätte offengelegt werden können, wäre auch nicht auszuschließen gewesen, dass dann noch andere Interessenten aufgetaucht (bzw. wieder aufgetaucht) wären.

Beurteilung: Zu dem negativen Urteil der anderen Fraktionen hat insbesondere beigetragen, dass sich kein Partner gefunden hat, der blindlings mit der Stadt ein Rechtsverhältnis eingegangen ist um am 18.12 direkt nach Ausübung des Vorkaufsrechtes in einen Vertrag einzusteigen. Allein, dass diese Möglichkeit durch „Asklepios“ überhaupt theoretisch denkbar gewesen ist, war schon ein besonderer Glücksfall. Das sich dies letztendlich nicht realisieren ließ, ist von den anderen Fraktionen leider nicht als Ausbleiben eines außerordentlichen Glückfalles interpretiert worden, sondern es ist als Beweis für die Unmöglichkeit des Geschäftes angesehen worden.

Jedem mit dieser Materie Befassten muß von Anfang an klargewesen sein, dass der wahrscheinlichste Ausgang der Verhandlungen ist, dass die Stadt am Stichtag (18.12) ohne Netz und doppelten Boden das Klinikum übernhemen muss, um dann einen Partner zu suchen. Alle anderen Vorstellungen davon wie Rekommunalisierung funktionieren kann sind Träumereien!
Insbesondere von unseren Freunden in der SPD hätten wir uns etwas mehr Mut für die gute Sache gewünscht!

Andreas Knoblauch